Regierungsbeauftragter unterstellt Antisemitismus bei Heilpraktikern und Homöopathen, wenn diese Schulmedizin und Corona-Politik kritisieren  /  Heilpraktiker-Dachverband DDH geht gegen Äußerung vor

Heilpraktiker und Homöopathen sehen sich seit Jahren einer Kampagne der Anti-Komplementärmedizin-Lobby ausgesetzt, die beide Berufe verbieten lassen will. Die Methoden der Lobby reicht von der Studien-Verunglimpfung bis hin zu Nazi-Vergleichen. Nachdem die Lobby ihre Anti-Kampagne über Social Media gestartet und über die Medien verbreitet hat, ist die Kampagne nun bei der Politik angekommen. Die Bundesregierung will Heilpraktiker und Homöopathen stärker regulieren, wie die aktuelle Kampagne des Gesundheitsministers gegen die Homöopathie zeigt. Dagegen formiert sich Widerstand, z.B. mit einer Petition beim Bundestag zur Rettung der Homöopathie. Und die aktuelle Regierung übernimmt nicht nur die Ziele der Anti-Komplementärmedizin-Lobby, sondern inzwischen auch deren fragwürdige Methoden, wie das folgende Beispiel zeigt. Der Dachverband Deutscher Heilpraktikerverbände (DDH) lässt sich das nicht widerspruchslos gefallen und geht dagegen vor.

Anlässlich des Holocaust-Gedenktages im Januar führte eine Regionalzeitung ein Interview mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Antisemitismus, Felix Klein. Das Interview enthält zahlreiche Passagen zum Thema Heilpraktiker und Homöopathie und erschien am 27.01.2024 im Schwäbischen Tagblatt. Der interviewte Regierungsbeauftragte, der beim Innenministerium angesiedelt ist, hat das Thema Heilpraktiker und Homöopathie von sich aus angesprochen. Er spannt den Bogen vom Heilpraktikergesetz über die Kritik an den Corona-Maßnahmen der Regierung bis hin zu Demonstrationen gegen die Regierung. Das Fazit des Regierungsbeauftragten: Er sieht eine „Anschlussfähigkeit von antisemitischen Narrativen“, wenn jemand an der Schulmedizin zweifelt und die Corona-Maßnahmen der Regierung kritisiert. Ausdrücklich nennt der Regierungsbeauftragte in diesem Zusammenhang Heilpraktiker und Homöopathie. Und der Regierungsbeauftragte geht noch einen Schritt weiter. Da das Heilpraktikergesetz aus dem Jahr 1939 stamme, müssten die Heilpraktiker „ihre Vergangenheit kritisch reflektieren“. (Red. Hinweis: Das Interview mit den Passagen zu Heilpraktikern und Homöopathie finden Sie im Anhang dieses Artikels).

Der Dachverband Deutscher Heilpraktikerverbände (DDH) protestiert am 13.2.2024 mit einem offenen Brief an den Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, der dem Heilpraktiker-Newsblog vorliegt. Die Sprecherin und Vizepräsidentin des Dachverbandes, die Heilpraktikerin Ursula Hilpert-Mühlig, zeigt sich in dem Schreiben „mehr als erschüttert“ über die Aussagen im Interview, insbesondere über die Einordnung des Berufsstandes in einen antisemitischen Kontext: „Sie bedienen hier das manipulative Muster des Framings, indem Sie Ereignisse, Themen und Personengruppen in einem Deutungsraster zusammenfügen, obendrein gekoppelt mit wertenden Aussagen, und implizieren damit Verbindungen, die Sie mit nichts belegen, außer Ihren Behauptungen – das ist schon sehr dreist.“ Klein stigmatisiere mit seinem Interview eine ganze Berufsgruppe und diskreditiere den Berufsstand der Heilpraktiker, so der DDH: „Heilpraktiker ist keine Gesinnung, sondern eine Berufsbezeichnung.“ Der Brief kritisiert auch die historisch falsche Darstellung der Entstehung und Intention des Heilpraktikergesetzes durch den Antisemitismusbeauftragten. Der DDH hält „eine Klärung für dringend geboten, zumal das Diffamierungspotential“ der Äußerungen des Antisemitismusbeauftragten offensichtlich sei. Der Verband erwarte „Vorschläge für einen zeitnahem Austausch“ von Felix Klein. (Red. Hinweis: Den offenen Brief des DDH finden Sie in voller Länge im Anhang dieses Artikels).

Kontaktinformationen:

Wenn auch Sie dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung Felix Klein Ihre Meinung mitteilen möchten, können Sie ihn über diese offiziellen Kontaktmöglichkeiten des Bundesinnenministeriums erreichen, dem er unterstellt ist. Sie können natürlich Ihre Meinung/Brief als Kommentar unter diesem Artikel veröffentlichen.

Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus / Bundesinnenministerium
Herrn Felix Klein
Alt-Moabit 140
10557 Berlin
Telefon: +49 30 18 681-11047
E-Mail: BAKlein@bmi.bund.de
Internet: www.bmi.bund.de

Hintergrundinformationen:

Der Dachverband Deutscher Heilpraktikerverbände e.V. (DDH) mit Sitz in Bonn ist der einzige Dachverband für Heilpraktiker*innen mit uneingeschränkter Erlaubnis zur Heilkundeausübung. Er vertritt die Interessen seiner bundesweit tätigen Mitgliedsverbände und ist Ansprechpartner für Politik, Medien, Versicherungen und andere Gesundheitsberufe. Die Mitgliedsverbände des DDH bestellen und finanzieren u.a. die Arzneimittelkommission der deutschen Heilpraktikerverbände (AMK) und die Gebühren- und Sachverständigenkommission (GSK) deutscher Heilpraktiker*innen.

Foto: BMI, Henning Schacht

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Quellen/Anhang:

Offener Brief des Dachverband Deutscher Heilpraktikerverbände e.V. (DDH)

„Offener Brief an Dr. Felix Klein

Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus
Alt-Moabit 140
D-10557 Berlin
Per E-Mail: BAKlein@bmi.bund.de

13. Februar 2024

Sehr geehrter Herr Dr. Klein,

wir beziehen uns auf das Interview, das Sie am 27.01.2024 dem Schwäbischen Tagblatt Tübingen gegeben haben. Anlass war Ihre Teilnahme zum Holocaust-Gedenktag, zu dem Sie einen Vortrag an der Eberhard-Karls-Universität hielten. In diesem Interview sprachen Sie über die AfD, deutsche Erinnerungskultur, das Heilpraktikergesetz und darüber, wo die Grenzen zwischen Antisemitismus und Kritik an israelischer Politik verlaufen.

In Ihrem Vortrag wurden Sie u.a. nach Spuren der NS-Gesetzgebung, das heißt nach Gesetzen aus der Zeit des Nationalsozialismus,gefragt, die heute noch in Kraft sind. Sie haben dazu als einziges Beispiel das Heilpraktikergesetz genannt.
Originaltext von Ihnen: „Zum Beispiel ist das Heilpraktikergesetz von 1939 immer noch in Kraft. Die Nazis waren Menschen, die der so genannten Schulmedizin sehr kritisch gegenüberstanden. Die galt ihnen als ‚verjudet‘. Sie wollten Homöopathie und Heilpraktiker als neue, der Naziideologie nahe, Berufe privilegieren. Diese Absicht liegt dem Heilpraktikergesetz zugrunde.“

Frage: Wie sähe ein guter Umgang damit aus?
Ihre Antwort: „ Es wäre doch gut, wenn dieser Berufsstand die problematische Genese dieses Gesetzes aufnähme, um dann die eigene Vergangenheit kritisch zu reflektieren.“

Frage: Zweifel an der Schulmedizin haben auch bei den Corona-Leugnern eine Rolle gespielt; glauben Sie, dass es da eine Anschlussfähigkeit von antisemitischen Narrativen gibt?
Ihre Antwort: „ Es ist anschlussfähig. Ich möchte niemandem, der den Beruf des Heilpraktikers ausübt, so etwas unterstellen. Trotzdem muss man sehen: Eine der Hauptverantwortlichen, die damals den so genannten Sturm auf den Reichstag angeführt hat, war eine Heilpraktikerin.“

Als Dachverband Deutscher Heilpraktikerverbände e.V., einem Zusammenschluss großer, bundesweit tätiger Berufsverbände, sind wir von Ihren Aussagen mehr als erschüttert.
Zum einen, weil insbesondere die Entstehung des Heilpraktikergesetzes völlig an der Historie vorbeigeht. Zum anderen Ihre Einordnung des Berufsstandes in einen antisemitischen Kontext.

Für Ihre Behauptung, das Heilpraktikergesetz sollte „Homöopathie und Heilpraktiker als der Naziideologie nahe Berufe privilegieren“ verlangen wir den Quellennachweis, dem Sie das entnehmen konnten.

In allen, dieser Thematik zugänglichen Archiven ist vermerkt, dass das Gesetz insbesondere auf Betreiben des Reichsärzteführers Gerhard Wagner entstanden ist. Dieser erklärte 1937, die Duldung der Heilpraktiker sei mit dem Grundgedanken des Nationalsozialismus unvereinbar, nur der ärztliche Beruf könne die charakterliche Eignung zur Ausübung der Heilkunde gewährleisten. So entstand 1939 das Heilpraktikergesetz unter seinem maßgeblichen Einfluss.

Wenn Sie das Gesetz in seiner Originalfassung gelesen haben sollten, hätte Ihnen auffallen müssen, dass es eine Existenz des Heilpraktikerstandes bestätigt, der aber mittels dieses Gesetzes abgeschafft werden sollte. Erreicht sollte das werden mit dem Verbot, Schulen und Ausbildungsstätten zu betreiben, sowie die Ausübung des Berufes nur in „besonders begründeten Ausnahmefällen“ zu gewähren. Nachzulesen u.a. in dem Rechtsgutachten zum Heilpraktikerrecht, das Prof. Christof Stock im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit verfasst hat.

Nach dem Ende der Nazi-Herrschaft wurden alle Passagen, die nicht mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vereinbar waren, aus dem Gesetz genommen. In dieser Form hat es als Berufszulassungsgesetz – nicht als Berufsgesetz – weiterhin Bestand. Wir gehen davon aus, dass Ihnen der Unterschied geläufig ist. Denn das wäre eine Voraussetzung, damit Sie Ihren Umgang mit dem Heilpraktikergesetz kritisch reflektieren und sich mit seiner heutigen, mit dem Grundgesetz vereinbaren Form vertraut machen.

Greifen wir noch die aus Unterstellung und Frage zusammengewürfelte Formulierung der Interviewer auf. Zum einen werden Zweifel an der Schulmedizin bei Corona-Leugnern ausgemacht, die dann nahtlos zu einem antisemitischen Narrativ überführt werden. Zunächst ist es sehr gewagt, Menschen, die beispielsweise kritisch mit schulmedizinischen Ansichten umgehen, auch gleich eine Anfälligkeit für antisemitisches Gedankengut zu unterstellen. Und dann bringen Sie in diesem Kontext sofort wieder Heilpraktiker ins Spiel; und als „Beweis“ eine einzelne Heilpraktikerin, die den deutschen Reichstag stürmen wollte.

Was bitte wollen Sie damit sagen? Heilpraktiker zweifeln an der Schulmedizin, sind damit auch gleich Corona-Leugner, was zu antisemitischen Gedankengut führt, das dann im Sturm einer einzelnen Heilpraktikerin auf den deutschen Reichstag mündet?

Sie bedienen hier das manipulative Muster des Framing, indem Sie Ereignisse, Themen und Personengruppen in einem Deutungsraster zusammenfügen, obendrein gekoppelt mit wertenden Aussagen, und implizieren damit Verbindungen, die Sie mit nichts belegen, außer Ihren Behauptungen – das ist schon sehr dreist.

Comedians benutzen häufig solche Koppelungen, packen Fakten unreflektiert in wertende Aussagen; Hauptsache medienwirksam und Aha-Effekt erzeugend. Sie aber sind von der Bundesregierung berufen in eine Position, die eigentlich gegen Diffamierung und Verunglimpfung von Personen und Bevölkerungsgruppen gerichtet sein sollte.
Stattdessen stigmatisieren Sie durch zum Teil sehr fragwürdige Aussagen eine ganze Berufsgruppe.

Heilpraktiker ist keine Gesinnung, sondern eine Berufsbezeichnung. Der Beruf stellt kein wie auch immer geartetes Milieu dar – ebenso wenig wie Berufsangehörige von Ärzten/Zahnärzten, Rechtsanwälten, Handwerkern u.a. – diebeispielsweise ebenfalls gegen die staatlich verhängten Einschnitte des sozialen Lebens während der Corona-Pandemie protestiert haben.

Es scheint offensichtlich, dass Sie gegenüber der Berufsgruppe Heilpraktiker eigene Ressentiments pflegen und diese mit Ihren unstrukturierten Verknüpfungen insgesamt diskreditieren.

Und das nicht zum ersten Mal. Wir erinnern an Ihre Bundespressekonferenz vom 24.11.2020, bei der Sie Heilpraktiker anlässlich einer vom Grundgesetz gedeckten Demonstration gegen die Corona-Verordnungen in einen Kontext setzten mit Reichsbürgern und offen Rechtsextremen. Auch damals wurden Sie mit diesen diskriminierenden Aussagen konfrontiert. Sie behaupteten zwar, eine solche Wirkung nicht beabsichtigt zu haben – öffentlich korrigiert haben Sie Ihre Äußerung jedoch nicht.

Und was haben Sie dieses Mal nicht beabsichtigt?

Wir halten eine Klärung für dringend geboten, zumal das Diffamierungspotential Ihrer Äußerungen offensichtlich ist.

Wir erwarten Ihre Vorschläge zu einem zeitnahen Austausch und verbleiben bis dahin

mit freundlichen Grüßen

Ursula Hilpert-Mühlig

Präsidentin des Fachverband Deutscher Heilpraktiker e.V.

2. Vorsitzende und Sprecherin des Dachverband Deutscher Heilpraktikerverbände e.V.

Geschäftsstelle: Dachverband Deutscher Heilpraktikerverbände e.V. (DDH)

Maarweg 10

D-53123 Bonn

Tel: 0228 / 96289900

E-Mail: info@ddh-online.de


 

Artikel aus Tageszeitung „Schwäbisches Tagblatt“, erschienen am 27.1.2024

Interview des Tagblatts mit Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung.

Hier die Auszüge des Interviews, die sich auf das Thema Heilpraktiker beziehen:

… Tagblatt: In Ihrem Vortrag an der Uni ging es um die Spuren der NS-Gesetzgebung.

Regierungsbeauftragter: Im Grundgesetz gibt es den Artikel 125. Der regelt die Weitergeltung des Rechts, das vor 1945 in Deutschland galt. Und es gibt heute noch etwa 30 Gesetze, die in der Zeit zwischen 1933 und 1945 erlassen wurden, die noch in Kraft sind und über diesen Artikel 125 Geltung haben. Diese Gesetze haben alle den Makel, dass sie nicht parlamentarisch beraten wurden.

Tagblatt: Was sind das zum Beispiel für Gesetze?

Regierungsbeauftragter: Zum Beispiel ist das Heilpraktikergesetz von 1939 immer noch in Kraft. Die Nazis waren Menschen, die der so genannten Schulmedizin sehr kritisch gegenüberstanden. Die galt ihnen als „verjudet“. Sie wollten Homöopathie und Heilpraktiker als neue, der Naziideologie nahe, Berufe privilegieren. Diese Absicht liegt dem Heilpraktikergesetz zu Grunde.

Tagblatt: Wie sähe ein guter Umgang damit aus?

Regierungsbeauftragter: Es wäre doch gut, wenn dieser Berufsstand die problematische Genese dieses Gesetzes aufnähme, um dann die eigene Vergangenheit kritisch zu reflektieren.

Tagblatt: Zweifel an der Schulmedizin haben auch bei den Corona-Leugnern eine Rolle gespielt: Glauben Sie, dass es da eine Anschlussfähigkeit von antisemitischen Narrativen gibt?

Regierungsbeauftragter: Es ist anschlussfähig. Ich möchte niemandem, der den Beruf des Heilpraktikers ausübt, so etwas unterstellen. Trotzdem muss man sehen: Eine der Hauptverantwortlichen, die damals den sogenannten Sturm auf den Reichstag angeführt hat, war eine Heilpraktikerin. …

9 Kommentare zu „Regierungsbeauftragter unterstellt Antisemitismus bei Heilpraktikern und Homöopathen, wenn diese Schulmedizin und Corona-Politik kritisieren  /  Heilpraktiker-Dachverband DDH geht gegen Äußerung vor

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  1. Sehr geehrter Herr Dr. Klein,
    bezugnehmend auf das von Ihnen dem Schwäbischen Tageblatt Tübingen gegebene Interview vom 27.01.2024 nehmen wir wie folgt Stellung.

    Zu den ca. 30 Gesetzen, die zwischen 1933 und 1945 erlassen wurden und die durch den Artikel 125 des Grundgesetzes heute noch Gültigkeit haben, gehören auch Steuergesetze. Sie greifen jedoch nur das Heilpraktikergesetz von 1939 heraus. Anhand dieses Gesetzes und seiner, nach Ihrer Aussage “problematischen Genese“, fordern Sie unseren Berufsstand auf, unsere Vergangenheit kritisch zu reflektieren. Was Sie allerdings zur Intention der Entstehung des Heilpraktikergesetzes ausführten, entbehrt aus unserer Sicht jeder Grundlage. Sie haben diesbezüglich entweder gar nicht oder nur sehr mangelhaft recherchiert. Die „Nazis“ waren mitnichten gegen die Schulmedizin sondern eher gegen Heilpraktiker, was der damalige Reichsärzteführer Gerhard Wagner klar zum Ausdruck gebracht hat. Auch das vom BMG in Auftrag gegebene und aktuell vorliegende Gutachten zum Heilpraktikerwesen scheint vollständig an Ihnen vorübergegangen zu sein. Daher halten wir es für angebracht, dass Sie sich in der Gegenwart kritisch reflektieren und sich mit der heutigen Gesetzgebung vertraut machen.

    Ihre Aussage, dass kritische Äußerungen zur Schulmedizin und zur Corona-Politik automatisch antisemitische Wesenszüge tragen bzw. daraus eine Anfälligkeit für antisemitisches Gedankengut entsteht, ist höchst undemokratisch. In einer Demokratie darf jeder einen kritischen Standpunkt haben. Auch der Naturheilkunde gegenüber gibt es kritische Meinungen. Sie jedoch bringen in diesem Kontext sofort wieder Heilpraktiker ins Spiel und versuchen das mit dem Sturmlauf einer einzigen Heilpraktikerin auf den Reichstag zu beweisen. Sie vermischen Ereignisse, Themen und Personen, werfen diese sozusagen in „einen Topf“ und geben Ihre persönliche Wertung dazu. Durch nichts ist Ihre Verbindung von Heilpraktikern, Medizinkritik und der daraus resultierenden Anfälligkeit für antisemitisches Gedankengut zu belegen. Trotzdem treffen Sie solche Aussagen öffentlich. Bei allem schuldigen Respekt, das halten wir für eine ziemliche Dreistigkeit.

    Heilpraktiker sind kein Klischee sondern ein Beruf. Auf der Basis des Grundgesetzes ist er ein fester Bestandteil des Gesundheitssystems unseres Landes wie Ärzte, Zahnärzte sowie jegliches medizinische Personal. Warum diskreditieren Sie diesen Beruf mit Ihren nicht belegbaren, unstrukturierten und haltlosen Aussagen. Nach unserem Dafürhalten ist es für ein harmonisches menschliches Miteinander – und dazu gehört der respektvolle Umgang mit alle Berufsgruppen – förderlich, das gesellschaftlich aufgeheizte Thema Antisemitismus eher behutsam und differenzierter zu betrachten. Dass Sie eine massive Aversion gegen unseren Berufsstand haben, ist deutlich und offensichtlich. Wir fragen uns nach dem Warum?

    In der Hoffnung auf eine klärende Antwort verbleiben wir

    mit freundlichen Grüßen

    Konrad Jungnickel und Ulrike Rosenberg
    Fachverband Deutscher Heilpraktiker Landesverband Sachsen e.V.

  2. Es gehört schon einiges an ideologischer Energie dazu, ein solches Narrativ zu schaffen, wie dies der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und dem Kampf gegen Antisemitismus, Herr Dr. Felix Klein, geschaffen hat. Eigentlich ein unglaublicher, unverschämter Vorgang eines aus meiner Sicht noch nicht einmal demokratisch legitimierten dem Bundesinnenministerium unterstellten Mitarbeiters. Hier nun die Tatsachen, die für jeden nachlesbar sind: Bis zum Jahre 1933 gab es in Deutschland die „Kurierfreiheit“. Es gab teilweise Beschränkungen der Heilkunde durch Medizinalverordnungen und sogar Kurierverbote. Da die deutsche Reichsregierung den bis dahin nicht approbierten Heilern äußerst skeptisch gegenüber stand, wollte man diese beschränken und letztendlich vollkommen beseitigen. So entstand am 17.02.1939
    das Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) im Zusammenhang mit der HeilpGdV (Durchführungsverordnung) v. 18.02.1939, welches Wiege und Grab zugleich war. Man hatte von nun an die Berufsbezeichnung „Heilpraktiker“ zu tragen und man untersagte die weitere Ausbildung und Zulassung zum Heilpraktikerberuf. Die ehemalige DDR hatte dieses Gesetzt eins zu eins übernommen und daher waren dort die Heilpraktiker ein aussterbender Berufsstand. In der BRD wurde dieser Gesetzestext in den fünfziger Jahren gestrichen, da es mit dem Recht auf die freie Berufsausübung nicht vereinbar war. So gesehen steht die heutige Bundesregierung der damaligen nationalsozialistischen deutschen Reichsregierung in ihren Handlungen und Bestrebungen näher als es ihr vielleicht lieb und bewusst ist, denn auch die derzeitige Bundesregierung steht dem Berufsstand eher skeptisch gegenüber, möchte ihn stark beschränken und am besten gleich ganz verbieten. Statt hier jedoch eine völlig absurde Assoziation der Heilpraktiker mit antisemitischen Gedankengut zu fabulieren, sollte sich Herr Dr. Felix Klein besser seriös seinen Kernkompetenzen widmen und über die wahren Gründe des tatsächlichen Anstiegs eines Antisemitismus in Deutschland Gedanken machen.

    Norbert Haberhauer
    Heilpraktiker
    Mitglied im Berufsverband
    Deutsche Naturheilkunde e.V
    Fachbeirat
    Vizepräsident a.D. des Deutschen
    Naturheilbundes e.V.

  3. Sehr geehrter Herr Dr. Klein,

    mit Bestürzung habe ich Ihr Interview im Schwäbischen Tagblatt gelesen. Sie erschüttern mein Vertrauen in die Regierung, von der ich eine öffentliche Stellungnahme angesichts der Diffamierung eines ganzen Berufsstandes vermisse.
    Besonders verwundert bin ich darüber, dass Sie die grausamen medizinischen Experimente der Nazis zu leugnen scheinen. Diese wurden nicht von Homöopathen und Heilpraktikern ausgeführt. Interessant wäre, in wie fern wir noch heute von diesen Experimenten profitieren. Ungeprüftes medizinisches Handeln als „Life-Experiment“ im Schulterschluss mit der jeweiligen Regierung hat sich in meiner Wahrnehmung während der Corona-Zeit wiederholt. Erneut werden nun Vertreter einer Medizin, der solche Grausamkeit gar nicht möglich ist, diffamiert und wenn möglich (beruflich) eliminiert. An diese Stelle gehört die Aufarbeitung, und zwar in der Gegenwart. Dass ausgerechnet der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung diesen Aspekt des Naziregimes unter den Teppich zu kehren scheint, hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack und das Bedürfnis, sich bei den Nachfahren der damals durch diese Experimente verstorbenen oder schwer geschädigten Menschen zu entschuldigen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Gisela Fischer
    Fachärztin für Allgemeinmedizin

  4. Ich persönlich wünsche mir mehr alternative Heilkunst und weniger Schulmedizin, also soviel Heilpraktiker und Homöopathie wie möglich und so wenig Schulmedizin wie nötig.
    Den Hinweis auf 1939 finde ich total daneben, da viele unserer Gesetze aus dieser Zeit stammen.
    Die Corona- Politik muss man kritisieren, weil sie dermassen sinnlos getätigt wurde und jeder selbstdenkende Mensch ab einem gewissen Punkt da absolut nicht mehr mitgehen konnte.

    1. Sehr geehrte Frau Hilpert-Mühlig, besten Dank für Ihre ausführliche und aus meiner Sicht als Betroffene (Diplom-Biologin und Heilpraktikerin ausschließlich für Psychotherapie) sehr gelungene und notwendige Stellungnahme. Ich bin sehr verärgert über das Framing von Herrn Klein, das zu „gut“ in die verschärfte Kampagne gegen unseren Berufsstand passt, und frage mich, ob es möglich ist, eine Unterlassungserklärung (Herrn Klein und das Schwäbische Tagblatt betreffend) zu erwirken? Indirekt werden durch derartige Veröffentlichungen zusätzlich ja auch alle unsere Patientinnen und Patienten diskriminiert und diskreditiert. Mit herzlichen Grüßen aus Bad Honnef

  5. Den Hinweis des Regierungsbeauftragen „Da das Heilpraktikergesetz aus dem Jahr 1939 stamme, müssten die Heilpraktiker „ihre Vergangenheit kritisch reflektieren“.“ finde ich sehr interessant, vor allem, wenn man weiß, daß heute noch sehr viele Gesetze, die zu dieser Zeit verabschiedet wurden, heute noch Geltung haben. Oder die Tatsache, daß unser heutiger „Personalausweis“ zu dieser Zeit eingeführt wurde , und noch heute Verwendung findet, was nach SHAEF verboten ist. Evtl. sollten wir wirklich die Vergangenheit unserer Gesetze, Personalausweis etc. kritisch reflektieren !?
    Beste Grüße Stefan S.

  6. Hm, stammen nicht große Teile unserer Steuergesetzgebung nicht auch aus der NS Zeit? Wäre es daher nicht angebracht, alle Steuerzahlungen ans Finanzamt einzustellen, um nicht unter Antisemitismusverdacht zu geraten?

  7. Auch als geimpfte Schulmedizinerin (Intensivnmedizinerin)sehe ich Teile der Coronapolitik sehr kritisch.
    Der fehlende bzw. unterdrückte wissenschaftliche Diskurs mit kritisch denkenden Wissenschaftlern und die Unterdrückung der Diskussion um Nebenwirkungen macht mich mißtrauisch.
    Das gab es in diese Form noch nie!

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