Auch Heilpraktiker können Corona-Hygienepauschale bei PKV abrechnen – Patienten profitieren davon

Der zusätzliche Aufwand für Gesundheitsberufe in Corona-Zeiten ist enorm, um Patienten und Personal zu schützen. Der Aufwand für Desinfektion und Schutzausrüstung ist für Therapeuten auch ein finanzieller Aufwand. Durch Kommunikation ihrer Verbände konnten Ärzte durchsetzen, dass sie eine Hygienepauschale für den erhöhten Corona-Aufwand abrechnen können. Ebenso können Physiotherapeuten und Logopäden abrechnen.

Auch Heilpraktiker sorgen für entsprechenden Schutz ihrer Patienten und des Personals in Corona-Zeiten. Bisher mussten sie den zusätzlichen finanziellen Aufwand selbst stemmen. Doch es gibt eine gute Nachricht. Der Dachverband der Privaten Krankenkassen empfiehlt seinen Mitgliedskassen, dass auch Heilpraktiker die Corona-Hygienepauschale in Höhe von 1,50 Euro pro Patientenkontakt abrechnen können. Bisher haben mehrere private Kassen die Abrechnungsmöglichkeit bestätigt. Diese Abrechnungsmöglichkeit für Heilpraktiker hat der Dachverband Deutscher Heilpraktikerverbände (DDH) durch seine Kommunikation mit den Kassen möglich gemacht.

Wie ist es dazu gekommen, dass auch Heilpraktiker die Corona-Hygienepauschale bei (manchen) privaten Krankenkassen abrechnen können? Darüber sprach ich mit zwei Experten. Die Details erläutert Ingo Kuhlmann (Gebühren- u. Sachverständigenkommission deutscher Heilpraktiker*innen im Dachverband Deutscher Heilpraktikerverbände DDH, 2. Vizepräsident im FDH). Was die Pauschale politisch und praktisch für Heilpraktiker und Patienten bedeutet, erläutert Ursula Hilpert-Mühlig, FDH-Präsidentin.

Christian Becker: Wie ist es dazu gekommen, dass Heilpraktiker auch die Hygiene-Pauschale abrechnen können, Herr Kuhlmann? Welche Kassen ermöglichen bisher die Pauschale?

Ingo Kuhlmann: Im Gegensatz zu anderen Leistungserbringern wie Ärzten und Physiotherapeuten, wurde der erhöhte Hygieneaufwand in der Heilpraktikerpraxis von Seiten der privaten Krankenversicherungen bisher überhaupt nicht vergütet. Um dieser Ungleichbehandlung entgegen zu treten, und auch dem Heilpraktiker die Abrechnung der Pauschale zu ermöglichen, wurde von der Gebühren- und Sachverständigenkommission deutscher Heilpraktiker*innen (vormals Gebühren- und Gutachterkommission der DDH), beim Verband der Privaten Krankenversicherungen e.V. und allen in diesem Verband verbundenen privaten Krankenversicherungen, die Kostenübernahme einer Hygienepauschale beantragt. Der Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. folgte unserer Argumentation und empfiehlt seinen Mitgliedunternehmen die Vergütung der Mehraufwände im Rahmen einer Hygienepauschale in Höhe von 1,50 € je stattgefundenem Patientenkontakt. In der Zwischenzeit betätigten die Krankenversicherungsgesellschaften Allianz, Alte Leipziger, Debeka, DKV, Hallesche, Hanse Merkur, Inter, Union und Universa die Kostenübernahme der Pauschale.

Christian Becker: Wie soll ein Heilpraktiker praktisch die Pauschale abrechnen und in welchen Zeitraum?

Ingo Kuhlmann: Die Leistung darf nicht analog zu einer GebüH- oder GOÄ-Ziffer abgerechnet werden. In der Rechnung sollte daher, statt einer Gebührenziffer, die Zahl 99 oder 9999 sowie der Leistungstext „Hygienepauschale“ und der Betrag von 1,50 € verwendet werden. Zunächst wird die Hygienepauschale im Zeitraum vom 01.Oktober bis zum 31.12.2020 anerkannt. Die Gebühren- und Sachverständigenkommission wird beobachten, ob sich eine Verlängerung der Pauschale für die Ärzte und Heilmittelerbringer ankündigt und in diesem Fall zeitnah eine Verlängerung für Heilpraktiker beantragen.

Über die politische Relevanz des Themas befragte ich die Präsidentin des größten Heilpraktiker-Verbandes, Ursula Hilpert-Mühlig, vom Fachverband Deutscher Heilpraktiker (FDH).

Christian Becker: Wie bewerten Sie die Hygiene-Pauschale für Heilpraktiker aus politischer Sicht?

Ursula Hilpert-Mühlig: Ich sehe es grundsätzlich als wichtiges Signal, wenn Heilpraktiker*innen im Gesundheitssystem nicht regelhaft ausgeschlossen werden, insbesondere von finanziellen Vergütungen, die anderen Heil- und Gesundheitsberufen in vergleichbaren Situationen zugestanden werden. Hier sehe ich eine wichtige Aufgabe der Berufsverbände, immer wieder auf vermeidbare Ungleichbehandlung hinzuweisen und entsprechend zu intervenieren. Und der DDH gilt in der Politik und bei den Leistungserstattern als seriöser Ansprechpartner für berufsständische Belange der Heilpraktiker*innen; das kann er sinnvoll nutzen.

Christian Becker: Welchen praktischen Nutzen sehen Sie für Heilpraktiker und ihre Patienten in der Hygiene-Pauschale?

Ursula Hilpert-Mühlig: Heilpraktiker*innen können nun zumindest einen Teil ihrer durch die zusätzlich geforderten Hygienemaßnahmen entstehenden Kosten geltend machen. Und die Patientin/der Patient muss sie nicht mehr allein aus eigener Tasche bezahlen, sondern kann sie von ihrer/seiner privaten Krankenversicherung erstattet bekommen. Das ist fair für beiden Seiten.

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