Bayern setzt Covid-Impfpflicht auch für Heilpraktiker aus – als erstes Bundesland

Tausende Heilpraktiker in Bayern und ihre Patienten sind von der Corona-Impfpflicht für Gesundheitsberufe betroffen. Stichtag wäre der 15. März. Doch Bayern schert aus – als erstes Bundesland. Die Umsetzung der Impfpflicht für Gesundheitsberufe in Bayern werde vorerst ausgesetzt, verkündete die Regierung Bayerns am 8. Februar.

Auch für Heilpraktiker in Bayern werde es vorerst keine Impfpflicht geben, bestätigt ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums auf Nachfrage des Heilpraktiker-Newsblog.de. „Der notwendige Umsetzungszeitraum wird für sämtliche von der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gemäß § 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG) betroffenen Personen in den Einrichtungen und Unternehmen gleichermaßen gelten“, äußerte ein Ministeriumssprecher auf die Frage, ob die Aussetzung der Impfpflicht ebenfalls für Heilpraktiker in Bayern gelte. Auch der gesundheitspolitische Sprecher der CSU, Bernhard Seidenath, bestätigte die Aussetzung der Impfpflicht für Heilpraktiker. Der Gesundheits- und Pflegepolitische Arbeitskreis der CSU (GPA) habe für die Aussetzung zumindest bis zum 30. Juni diesen Jahres plädiert, erklärte Seidenath in einem Statement.

Heilpraktiker spielen auch in Bayern eine wichtige und unersetzliche Rolle in der medizinischen Versorgung vieler Menschen. Diese Versorgung wäre durch die Impfpflicht gefährdet gewesen – ebenso wie viele berufliche Existenzen. Als größter Heilpraktiker-Verband hat der Fachverband Deutscher Heilpraktiker (FDH) schon frühzeitig das Gespräch mit der Politik und somit auch mit Bayerns Regierung gesucht, um auf diese Problematik aufmerksam zu machen. Am 20. Januar kam Bayerns Staatskanzlei dem Gesprächswunsch nach und hatte zum Heilpraktiker-Gipfeltreffen eingeladen. Florian Herrmann als Leiter der Staatskanzlei und Klaus Holetschek als Gesundheitsminister stellten sich in einer einstündigen Online-Sitzung den Argumenten der Vertreter*innen von Heilpraktikerverbänden. 

„Zunächst konnten wir unser Unverständnis darüber ausdrücken, dass insbesondere in Bayern unser Berufsstand für die niedrige Impfquote mitverantwortlich sei, wie Ministerpräsident Dr. Söder das öffentlich im TV ohne Belege behauptet hat“, so Ursula Hilpert-Mühlig, die als Präsidentin des FDH und Sprecherin des Dachverband Deutscher Heilpraktikerverbände (DDH) am Gespräch teilnahm. „Wir klärten auf, dass unsere Mitglieder beim Thema Impfen genauso heterogen aufgestellt seien, wie die Gesamtbevölkerung Deutschlands, und wir uns das Stigma, als ‚esoterische Schwurbler‘ unsere Patienten unisono vom Impfen abzuhalten, nicht gefallen lassen.“

Zum Thema Impfpflicht im Gesundheitswesen, das die Politik gerne auch von den Berufsverbänden unterstützt sehen möchte, äußerte Hilpert-Mühlig: „Wir sprechen uns dafür aus, dass eine Impfung eine persönliche Entscheidung sein sollte. Eine Impfpflicht mit unklarer Umsetzung und unwägbaren Folgen für die Freiheit unserer Berufsausübung wird von uns kritisch gesehen.“

Die Folgen der Impfpflicht für Heilpraktiker, ihre Patienten und die medizinische Versorgung war auch Thema bei einem weiteren politischen Termin von Heilpraktikern mit dem gesundheitspolitischen Sprecher und Vorsitzenden des Gesundheits- und Pflegepolitischen Arbeitskreises der CSU (GPA), Bernhard Seidenath, am 3. Februar. Mit ihm tauschte sich ebenfalls die FDH-Präsidentin Ursula Hilpert-Mühlig gemeinsam mit zwei weiteren Verbändevertreter*innen aus; sie machten auf die besondere Position der Heilpraktiker für die medizinische Versorgung aufmerksam.

Seidenath betonte in einem Statement nach dem Treffen, dass er sich als Gesundheitsausschussvorsitzender regelmäßig mit Vertretern der Heilpraktiker in Bayern austausche. „Darin liegt eine große Wertschätzung naturheilkundlicher Verfahren. Bayern ist das Land der Heilpraktiker, so viele wie hier gibt es nirgendwo in Deutschland“, so Seidenath. Auch Seidenath bestätigt die Aussetzung des Vollzugs der Impfpflicht für Heilpraktiker in seinem Statement gegenüber der Presse. Der Vollzug der einrichtungsbezogenen Impfpflicht solle, so Seidenath, gemäß des GPA „zumindest bis zum 30. Juni diesen Jahres“, ausgesetzt werden, „und zwar für alle Bereiche und Praxen, für die eine solche ab dem 15. März gelten würde. Dass Bayern diesen Weg gehen wird, hat Ministerpräsident Dr. Markus Söder in der Folge am 7. Februar angekündigt.“ 

„Mit Sorge“, sagte Ursula Hilpert-Mühlig im Gespräch mit Bernhard Seidenath, „sehen wir dem Vollzug des Impfgesetzes im Gesundheitswesen entgegen, wenn hierbei keine Unterscheidung zwischen den Einrichtungen vorgenommen wird. Denn nach dem Gießkannenprinzip wird hier eine Impfpflicht auf eine Vielzahl von Einrichtungen im Gesundheitswesen gegossen, die höchst unterschiedlich mit vulnerablen Personengruppen in Kontakt kommen. So ist beispielsweise eine Heilpraktiker-Praxis mit einem alleine tätigen Behandler, der die vorgeschriebene Testpflicht und die AHA-Regeln einhält und mittels einer Bestellpraxis Patientenbegegnungen verhindert, genauso erfasst wie Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäuser mit großer Patientendichte und einer Vielzahl von Beschäftigten. Praxen aber, sind im Gegensatz zu Alten- und Pflegeheimen keine Inzidenztreiber. Die politische Debatte muss hierzu geführt werden, zumal auch berufliche Existenzen zerstört würden.“

Wichtig war den Gesprächsteilnehmer*innen auch, die Versorgungsproblematik für ihre Patienten darzustellen. „Es gibt etliche Regionen mit Ärztemangel, so dass Heilpraktiker für viele Patienten die einzige Anlaufstelle sind“, erklärte Hilpert-Mühlig. “Sollten Heilpraktiker-Praxen wegen rigider Umsetzung des Gesetzes geschlossen werden müssen, kann es mit der medizinischen Versorgung durchaus eng werden. Und dass in Zeiten, in denen pandemiebedingte psychosomatische Beschwerden erheblich zunehmen. Deren Behandlung ist zeitaufwändig und hier stellen gerade Heilpraktiker eine wertvolle Entlastung für das Gesundheitssystem dar.“

Bayern ist das erste Bundesland, in dem die Umsetzung der Impfpflicht für Gesundheitsberufe ausgesetzt wird. Weitere Bundesländer werden voraussichtlich folgen – Sachsen hat es bereits angekündigt.

 

Quellen:

Interview von Christian J. Becker, Heilpraktiker-Newsblog, mit Ursula Hilpert-Mühlig, Präsidentin des FDH und Sprecherin des Dachverband Deutscher Heilpraktikerverbände (DDH), vom 11. Februar 

Statement von CSU-Politiker Bernhard Seidenath vom 8. Februar nach dem Gesprächstermin mit Heilpraktiker-Verbänden:

„Regelmäßig tauscht sich der Gesundheitsausschussvorsitzende im Bayerischen Landtag und Landesvorsitzende des Gesundheits- und Pflegepolitischen Arbeitskreises der CSU (GPA), Bernhard Seidenath, mit den Vertretern der Heilpraktiker in Bayern aus. Darin liegt eine große Wertschätzung naturheilkundlicher Verfahren. Bayern ist das Land der Heilpraktiker, so viele wie hier gibt es nirgendwo in Deutschland. Diese Tradition hat ja nicht nur Pfarrer Sebastian Kneipp begründet. Da ist ganz logisch, dass sich im Grundsatzpapier der CSU der Satz findet: „Moderne Medizin hat einen ganzheitlichen Blick auf den Menschen als Einheit von Körper, Seele und Geist.“

Bei der letzten Schalte Ende letzter Woche wurde unter anderem das Thema der einrichtungsbezogenen Impfpflicht erörtert. Dabei hat Seidenath klar gemacht, dass aufgrund fehlender Vorgaben seitens des Bundes und einer Belastung der Player im Gesundheitswesen, die ohnehin schon die Hauptlast der Pandemie zu tragen hätten, nicht noch eine einseitige zusätzliche Belastung durch die einrichtungsbezogene Impfpflicht kommen dürfe. So hat sich der GPA für eine allgemeine Impfpflicht aller Erwachsenen in Deutschland ausgesprochen, aber strikt dafür plädiert, den Vollzug der einrichtungsbezogenen Impfpflicht, zumindest bis zum 30. Juni diesen Jahres, auszusetzen, und zwar für alle Bereiche und Praxen, für die eine solche ab dem 15. März gelten würde. Dass Bayern diesen Weg gehen wird, hat Ministerpräsident Dr. Markus Söder in der Folge am 7. Februar angekündigt.“ 

Presseanfrage an Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege von Christian J. Becker,  Redakteur Heilpraktiker-Newsblog, vom 10. Februar:  

heilpraktiker

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