Interview: Was macht die Arzneimittelkommission (AMK) der Heilpraktiker und welche Bedeutung hat sie?

Arzneimittel sind für Heilpraktiker*innen und ihre Patient*innen sehr wichtig und unterliegen vielen Regeln durch den Gesetzgeber. Um die Interessen der Heilpraktikerschaft gegenüber Gesetzgeber und Behörden in diesem stark regulierten Bereich zu vertreten, gibt es eine spezielle Kommission: die Arzneimittelkommission der Deutschen Heilpraktiker (AMK, Link zur Webseite). Die AMK wird getragen vom Dachverband Deutscher Heilpraktikerverbände (DDH), von ihrer Arbeit profitieren alle Heilpraktiker. Gegründet wurde die AMK in den 1980er Jahren vom Verband FDH.

Um dieses wichtige aber nicht so schlagzeilenträchtige Thema etwas erlebbarer zu machen, habe ich Arne Krüger interviewt – er ist Sprecher der AMK (Heilpraktiker, Tierarzt, 1. Vizepräsident des FDH, 2. Vorsitzender der Arthur Lutze Gesellschaft zur Förderung der Homöopathie und Naturheilkunde) interviewt. Ergänzend habe ich Ursula Hilpert-Mühlig (Heilpraktikerin, Präsidentin des FDH) zur Gründung und Bedeutung der AMK befragt.

Christian Becker: Was ist die AMK, was macht sie und wie setzt sie sich zusammen?

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Arne Krüger (Foto privat)

Arne Krüger: Die Arzneimittelkommission der deutschen Heilpraktiker(AMK) ist eine Institution,  welche die Heilpraktikerschaft bei den für den Bereich Arzneimittel und Medizinprodukte zuständigen Behörden vertritt. Das sind insbesondere das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte/ BfArM,  das Paul-Ehrlich-Institut für Sera und Impfstoffe, das Bundesministerium für Gesundheit. Kontakte bestehen auch zum Deutschen Bundestag, da dieser ja per Gesetz Einfluss auf Arzneimittel und Medizinprodukte nimmt.

Die AMK wird von ihren Trägerbänden finanziell getragen und organisatorisch unterstützt. Die Trägerverbände sind die Verbände des Dachverband Deutscher Heilpraktikerverbände (DDH), der sich zusammensetzt aus dem Fachverband Deutscher Heilpraktiker, Freier Verband Deutscher Heilpraktiker, Verband Deutscher Heilpraktiker und Union Deutscher Heilpraktiker, und als Kooperationspartner der Heilpraktikerinnenverband Lachesis.

Obgleich die Arbeit der AMK nur von diesen Berufsverbänden getragen und finanziell und personell unterstützt wird, profitieren letztendlich alle Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker davon.

Die Mitglieder der AMK sind von den Trägerverbänden berufene Fachleute. Sie sind i.d.R. Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker, oftmals mit weiteren beruflichen Qualifikationen, z.B. als Apotheker/innen, Tierärzte/innen, Rettungssanitäter/innen, Biologen/innen und andere Naturwissenschaftler/innen. Dadurch wird neben der praktischen Erfahrung aus dem Bereich der Besonderen Therapierichtungen (Homöopathie, Phytotherapie, Anthroposophie)  auch Fachwissen aus der Pharmakologie, Pharmazie und aus dem Arzneimittelrecht eingebunden.

Christian Becker: Was macht die AMK im Bereich Arzneimittel, was sich im Alltag von Heilpraktikern und Patienten zeigt?

Arne Krüger: Die Arzneimittelkommission der deutschen Heilpraktiker nimmt zu allen Änderungsentwürfen im Arzneimittel- und Medizinprodukterecht Stellung, soweit diese für den Heilpraktikerberuf von Bedeutung sind.

Die Stellungnahmen der AMK an das Bundesministerium oder den Deutschen Bundestag werden oftmals auch durch persönliche Kontakte vorgetragen oder in Anhörungen des Ministeriums oder des Gesundheitsausschusses des Bundestages in direkter Vertretung eingebracht.

Im Bereich des Risikoverfahrens bei Arzneimitteln (Stufenplan) ist die Arzneimittelkommission gesetzlich benannte Ansprechpartnerin der Behörden und nimmt mit ihren Vertretern an den regelmäßigen Sitzungen im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) teil.

Bei Risikomeldungen von Arzneimitteln, die den Heilpraktikerberuf betreffen,  informiert die AMK die Heilpraktikerverbände und die Heilpraktikerschaft, z.B. über die öffentliche Homepage der Arzneimittelkommission. Diese können auch Patienten einsehen und sich bei Selbstmedikation entsprechend informieren. 

So ist die AMK eingebunden in die Arzneimittelsicherheit auch von verschreibungsfreien Medikamenten. Das ist für den Berufsstand als auch für unsere Patienten von großer Bedeutung, da Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker nur ins diesem Sektor verordnen dürfen und damit über einen entsprechenden Erfahrungsschatz verfügen, um Risikomeldungen oder Meldungen von Nebenwirkungen auch als solche bewerten zu können.

Von großer Bedeutung ist auch die Zusammenarbeit mit den Zulassungskommissionen für Arzneimittel. Da gibt es Kommissionen für Homöopathie, für Phytotherapie, für Anthroposophie. Es gibt die Deutsche Arzneibuchkommission und die Homöopathische Arzneibuchkommission, und es gibt die Sachverständigenausschüsse für Verschreibungspflicht und Apothekenpflicht  sowie für Standardzulassungen von Arzneimittel. In all diesen Kommissionen und Ausschüssen sind auch Vertreter der Heilpraktikerschaft, die nicht selten von der AMK gestellt werden.

In diesen Kommissionen wird über die Zulassung von Arzneimitteln entschieden und hierbei auch der Sachverstand der Heilberufe hinzugezogen. So können aus der Heilpraktikerschaft die medizinischen Erfahrungen der jeweiligen Therapierichtungen eingebracht und zu deren Erhalt beigetragen werden.

Christian Becker: Welche Rolle spielt die AMK für die Heilpraktiker politisch? 

Arne Krüger: Die Arzneimittelkommission ist als einzige Vertretung der Heilpraktikerschaft im Arzneimittelgesetz verankert und hat deshalb eine besondere staatliche Akzeptanz bei den Behörden. Im Wesentlichen wird dies in enger Abstimmung mit den Trägerverbänden genutzt, um etwas für den Berufsstand zu erreichen. Neben den Trägerverbänden ist die Arzneimittelkommission aber auch Ansprechpartner für andere Heilpraktikerverbände oder auch nicht verbandlich gebundene Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker.

Ein besonderer Vorteil ist es dabei, dass die AMK selbst nicht verbandlich gebunden ist. Sie ist quasi neutral und unabhängig von einseitigen Verbandsinteressen. Sie kann ihr Hauptaugenmerk auf arzneiliche Thematik richten. Damit ist sie auch gerngesehener Ansprechpartner bei vielen bio-pharmazeutischen Herstellern.

Neben der Geschäftsstelle der AMK in Bonn, in unmittelbarer Nähe zum Bundesministerium für Gesundheit und dem BfArM, hat die Arzneimittelkommission zusammen mit dem Dachverband Deutscher Heilpraktikerverbände auch eine Geschäftsstelle in Berlin, am Sitz des Deutschen Bundestags. Durch diese räumliche Nähe können regelmäßige Kontakte gehalten und viele Themen auch auf dem „kurzen Dienstweg“ besprochen werden.

Christian Becker: Wie sieht Ihre praktische Arbeit in der AMK als Sprecher aus? 

Arne Krüger: In meiner praktischen Tätigkeit als Sprecher der Arzneimittelkommission kommt mir neben meiner Erfahrung als Heilpraktiker durchaus auch zugute, dass ich als Tierarzt auch die Herstellung von Arzneimitteln im Studium gelernt habe.

Ein wichtiger Teil der Tätigkeit besteht neben der Durchsicht und Begutachtung von rechtlichen Änderungsentwürfen, Gesetzen und Verordnungen auch darin, Stellungnahmen zu aktuellen Themen zu erstellen und ggf. auch Informationen für die Verbände und die Kollegenschaft zusammenzustellen.

Dann müssen die Sitzungen der Kommissionen vorbereitet und die Mitglieder in den Kommissionen bei ihrer Tätigkeit unterstützt werden.

Viele Anfragen von Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern sowie von Heilpraktikerverbänden müssen bearbeitet und beantwortet werden. Dazu kommt auch oftmals die notwendige arzneimittelrechtliche, pharmakologische oder pharmazeutische Recherche.

Zum Beispiel im Rahmen der Verschreibungspflicht für Eigenblut, die uns in den letzten zwei Jahren ganz besonders beschäftigt hat, gab es hunderte von Anfragen, bei denen die Kolleginnen und Kollegen individuell zu beraten waren und immer noch zu beraten sind.

Oftmals tun sich Kolleginnen und Kollegen schwer beim Verfassen von Meldungen an Arzneimittelbehörden, wie z.B. die Anzeigepflicht bei der Herstellung von Arzneimitteln in der Praxis. Auch hierbei ist die AMK Ansprechpartner und hilft bei Bedarf weiter.

Innerhalb der Arzneimittelkommission werden dann entsprechende Themen beraten und in Absprache mit den Verbänden auch Stellungnahmen verfasst.

 

Wie kam es zur AMK und welche Bedeutung hat sie? Fragen an Ursula Hilpert-Mühlig, Präsidentin des FDH.

Christian Becker: Seit wann unterstützen Sie die AMK und was hat Sie dazu bewogen?

heilpraktikerUrsula Hilpert-Mühlig: „Die AMK wurde in den 1980er Jahren vom  FDH (der damals noch Deutsche Heilpraktiker e.V. hieß) gegründet. Die Idee war, einen Fachausschuss für die typischerweise von der Heilpraktikerschaft angewendeten und verordneten Arzneimittel zu haben. Dazu zählen insbesondere die Besonderen Therapierichtungen (Homöopathie, Phytotherapie, Anthroposophie) sowie traditionelle Arzneimittel.

Man orientierte sich dabei an der Arzneimittelkommission der Ärzte und Apotheker und sah darin eine sinnvolle Möglichkeit, die Kollegenschaft in arzneilichen Fragen zu beraten und ihnen neue Entwicklungen vorzustellen. Auch als freiwillige Meldestelle über unerwünschte Wirkungen von Arzneimitteln sollte die AMK dienen.

Zu guter Letzt eine persönliche Anmerkung:

Es kommt nicht oft vor, dass sich ein Journalist für die Sacharbeit von Heilpraktikerverbänden interessiert. Zugegeben: das Thema ist auch nicht wirklich spannend und daher keine Schlagzeile wert. Doch gerade hier wird in verbandlicher Eigenverantwortung viel für die Tätigkeitsfelder des Heilpraktikerberufes, für den Erhalt der Therapievielfalt und für die Patientensicherheit geleistet. Vieles davon geschieht in unspektakulärer Kleinarbeit, getragen von großem Idealismus und Engagement der daran beteiligten Kolleg*innen, die diese berufsständische Arbeit oftmals neben ihrer Praxistätigkeit leisten. Sie stehen in den oben erwähnten Fachausschüssen einem Pulk von angestellten Verbandsfunktionären gegenüber, die unseren Beruf selten wohlwollend sehen. Und sie müssen sich dazu aus der Kollegenschaft Vorwürfe anhören, warum sie dies oder jenes nicht durchgesetzt oder eine Verschreibungspflicht nicht verhindert haben.

All diesen Kritikern und denjenigen, die behaupten, „die Verbände tun zu wenig“, schlage ich vor, sich doch selbst für solche Funktionen zur Verfügung zu stellen, auch deshalb, weil Nachwuchs dringend gebraucht wird. Denn ich sehe mit Sorge, dass diese vom Gesetzgeber geschaffenen Positionen für unseren Berufsstand bald mangels engagierter Kolleg*innen nicht mehr besetzt werden können.“

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